Donnerstag, 21. September 2017

Wer ist die Ostsee?

Da sind wir nun. Dieses Jahr haben wir den Osten erkundet, waren im Thüringer Wald, waren in Berlin (schon vor 2012, und nun nächstes Wochenende) aber wirklich 'angekommen' sind wir hier. An der Ostsee. Es liegt wohl daran dass wir wirklich auch 2 Wochen Urlaub gemacht haben und endlich Zeit dafür hatten. 


Zum erkunden, zum ruhen, zum genießen.




Was mir ständig durch den Kopf geht bei unseren Erkundungen ist die Nordsee, denn es ist nunmal menschlich ständig irgendwelche Vergleiche anzustellen. Ich komme aber relativ schnell zur Erkenntnis dass es keinen geben kann. Denn die Nordsee hat ihre Eigenarten: Sie ist rau, manchmal grau und auch wild. Sie wirkt mystisch und voller Piratengeschichten. Da sind die Krabben, und der Blanke Hans. Was nicht fehlen darf ist Ebbe und Flut und das unendlich tolle Watt - ja ich schwelge, - in meiner Erinnerung, denn die Nordsee ist einzigartig - nicht nur des Wattes wegen - sondern wegen ihrer Identität.



Meine Erzählungen über die Nordsee sollen nicht die Ostsee in den Schatten stellen, ich will damit nur sagen, mir fehlt ihre Eigenart.
Was ich hier vorfinde ist natürlich weißer Sandstrand, Schilf, Seemöwen, Reetdächer, Algen, Schönheit, Wellen, Meerduft - aber keine Seele.
Ein wunderschöner Urlaub, das Meer nicht weniger schön wie der Atlantik, denn der Algengeruch erinnert mich an Lynn-Beach, mein anderes Zuhause. :)



Man geht hier am Strand entlang und findet DDR-Grenzsicherungstürme und halb zerfallene Villen, man sieht neuartig angelegte Seerpromenaden mit weißen großen Gebäuden. Viele Neubauten aber auch teilweise restaurierte allesamt sich gleichende Gebäude. Sie erinnern mich sehr an den Neuengland-Look. Jetzt war ich mir nur unsicher ob es ursprüngliche sind oder ihnen nachempfundene, denn daneben findet man auch ab und zu schöne Klinkerhäuschen. Diese so vorherrschend an der Nordsee findet man hier zwar auch zu Hauf aber immer wieder auch grau oder bunt verputzte Häuser. Ich erinnere mich gelernt zu haben, dass Salzige Luft dem Anstrich von Putz und Farbe eher nicht gut gesonnen ist, deshalb frage ich mich ob es Kostengründe gibt oder doch der Bruch zwischen Ost und West einst dazu führte, diese kleine heile Welt der Backsteinhäuschen zu vernachlässigen. 



Klar sieht man auch in Köln, Frankfurt oder gar bei uns um die Ecke in Mainaschaff hässliche Wohnblöcke. Dankbar und froh bin ich da für mein Zuhause und meine Nachbarschaft. Nicht unbedingt schlechter Leben die Menschen in diesen Wohneinheiten, aber anders.

Ich will hier lediglich meine Eindrücke schildern und nicht auf monetären Aspekte des Wohnbaus oder die Arten der evtl. günstigeren Wohnraumgestaltung herumreiten. Schließlich weiß jeder wie eng bemessen der Wohnungsmarkt ist. 

Wir haben die umliegenden Orte aufgesucht um uns ein Bild zu machen. Heiligendamm hat den Ruf des G8-Gipfels sicherlich weg. Die Politik hatte bestimmt keine Hintergedanken den Größen der anderen Nationen diesen malerischen Fleck zu zeigen (Achtung Ironie). Bildschön, massiv und majestätisch ragt das weiße Schlösschen vor der Seebrücke auf. Aber bei all dem Stein und weißen Lack fehlt mir auch ein bisschen Charme. Charme ist bunt und ein bisschen chaotisch. Er zeigt Charakter. 



Mit Erschrecken habe ich festgestellt (und das weitet sich auf ganz Deutschland aus) dass es wohl momentan besonders 'in' ist weiße Häuser mit grauen Fensterrahmen auf grünen Rollrasen zu stellen. Meine persönliche Wahrnehmung ist dabei, dass es scheinbar Wohlstand, Geld  und Geradlinigkeit darstellt. Dieser Schein und diese wie ich finde Unpersönliche Gestaltung mag modern sein und ich freue mich für die Menschen die sich darin wohlfühlen, aber für mich ist ein grauer quadratischer Kasten kein Zuhause. Bei vielen Spaziergängen hier an der See habe ich unzählige solche Neubaugebiete gesehen, die mich gleichzeitig traurig und glücklich machen, da Immobilien Firmen reihenweise Klötze produzieren aber immerhin auch Wohnraum für Familien, die sich für ein Eigenheim und damit persönliches Eigentum entschieden haben, bzw. auch dafür entscheiden konnten. Ich hoffe innen finden sich nicht graue Tische aus Glas und Graue Streifen die abstrakt küntlerisch die Wände zieren oder anthrazitfarbene Hochglanzküchen an denen sich keine bunt gemalten Kinderbilder befinden dürfen. So viel dazu.


Ich war gespannt - hörte ich soviele schöne Dinge schon von Kühlungsborn. Wir fuhren hin um uns ein eigenes Bild zu machen und stellten gleich am wandelnden Publikum fest, dass es ein Kurort ist :). Eine schöne Flaniermeile mit Fischrestaurants und Eiscreme, wie sich das gehört. Weiter am Strand entlang führt uns der Weg zum Hafen wo unzählige Segelschiffchen auf ihren Moment warten die Brise nutzen zu dürfen. Was ich aber an diesem Hafen sah ließ mich wieder nachdenklich werden. Amerikanische Restaurants, einen kleinen 'Weinberg-Hang' und mediterrane Dächer und Bauten. Dort fing mein Blog an, denn ich fragte mich warum.. Warum schafft man diesen Anblick, wenn 300 meter weiter eine autentische Straße wartet, die den Ort ausmacht? Es war wie gewollt und nicht gekonnt.. Als wollte der Ideenhaber eine Landschaft zaubern die Arizona, die Toskana und Mallorca zugleich darstellt. Ein Stilbruch - für mich. Ich weiß ich bin kritisch, aber gerne ;).



In einem hat mich die Ostsee voll erwischt. Wer schon im 'Nienhagener Gespensterwald' war, weiß wovon ich rede. Ich hatte die Gelegenheit mehrere Läufe durch dieses Naturwunder zu unternehmen. Vielleicht habe ich Sie hier gefunden, die Seele der Ostsee



Im Küstenwald - nicht nur irgendein Wald. 

Uralte Bäume, vorallem Eichen und Buchen (die bis zu 170 Jahre alt sein sollen, siehe dafür auch: http://www.ostseebad-nienhagen.de/das-ostseebad/gespensterwald/ ), die nicht einfach nur da stehen sondern thronen. Sie thronen über dem Meer, es trennt Sie eine Steilküste die im Strand mündet und ins Wasser übergeht. So etwas einzigartiges, zwar mit Wegen gesäumt (diese aber um die Bäume herum, denn hier haben sie Vorrang, und das liest man auf zahlreichen Schildern) aber auch ursprünglich. Gespenstig, weil der Wind ihn geformt hat und dies noch immer tut. Junge Zweige wehen wellig und erstarren im Alter genau so. Durch den Wind hat der Wald auch ein fast gleichmäßig ebenes Dach bekommen und bildet Schutz bei den spontanen Eimerartigen Regengüssen die bei strahlendstem Wetter über einen hereinbrechen können (ich spreche aus Erfahrung..).


Das ist Wohl die Antwort auf meine Frage die ich oben gestellt habe. Wer ist Sie - diese Ostsee - die Grenze war, die immer eingesperrt ist, so wandelbar, nicht zeitgemäß. Sie hat sich Regimen angepasst und mitgemacht, für die Besucher, die auch bei 13 grad und FKK darin Freude haben...

Eine kleine Anmerkung die ich in der Tagesschau die letzten 2 Wochen beobachtet habe, so wird im Wetterbericht stets die Nordsee erwähnt - aber nicht die Ostsee.


Mein Fazit unseres Urlaubs ist die Tiefenentspannung, sie bringt wohl die größte Burnoutprophylaxe die ich je erfahren habe. Hier ist Kommerz größtenteils noch nicht angekommen und  bleibt hoffentlich noch lange weg!


Hier gibt es noch Augenblicke der echten Ruhe, echte Stille, man kann 'Ich selbst' sein und das will ich und bin ich.