Donnerstag, 13. September 2018

(zu) sozialer Pflegeberuf


Ja, ich bin wütend! Auf wen? Das weiß ich noch nicht richtig. Vielleicht auf mich selbst.. Vielleicht auf meine Pflegekollegen in ganz Deutschland, vielleicht, und ich glaube das ist wohl am ehesten die richtige Anlaufstelle: Wütend auf die Gesellschaftliche Einstellung zu sozialen Berufen.

Pflege ist ein Beruf der sich um die Grundbedürfnisse des Menschen kümmert. Man begleitet, man unterstützt und man rettet Menschen in schwierigen krankheitsbedingten Lebenskrisen. Der psychosoziale Umgang mit diesen Menschen ist nichts "Was jeder machen kann".

Nein! Pflege kann eben nicht jeder machen!


Ständig sagen ältere Menschen im Beruf zu mir, "ach Mädsche, ich bin so froh dass es euch gibt, ich könnt des nit" (ja genau in diesem Dialekt). Das sind aber eben auch die Generationen, die noch miterlebten, das Pflege von Ordensschwestern ausgeübt wurde. In einer Zeit in der Pflege noch gratis und als Wohlfahrtsleistung verteilt wurde. Trotz des "Mädsches", was wohl niemand zu seiner Sachbearbeiterin im Rathaus sagen würde - kann man eine Wertschätzung erkennen.
Wenn man hinter die dialektbeträufelte manchmal auch schroffe, trockene Art der alten Menschen sehen kann, weiß man das Sie tief dankbar sind, da sie sehen und auch spüren was wir leisten! Sie zeigen Respekt.

Es gibt aber mittlerweile einen Generationenwechsel, der mir Seiten von Menschen zeigt, die ich nicht fassen kann! Sowohl die neue Patientengruppe mittleren Alters, als auch diese als Angehörige haben oft eine derart Spitze Zunge, dass ich mich Fragen muss, wo Sie dies denn gelernt haben? Nicht von Ihren 80 jährigen Eltern, das ist gewiss. Ich muss dennoch darauf hinweisen, dass dies eine persönliche Erfahrung ist die ich gehäuft im Pflegeberuf wahrnehme, und natürlich nicht pauschal jeden betrifft. Trotzdem kann man meist sagen, je jünger die Patienten werden, desto schwieriger ist ein verbaler Austausch auf wertschätzender Ebene und desto kleiner ist das Verständnis soziale Berufsgruppen zu respektieren.

Pflege ist eine professionelle Tätigkeit, die sich, begleitet von einem hohen Grad an Fachwissen, in Allgemeine- und Behandlungspflege zweigt. Die Kommunikativen Skills und das Medizinische Know-How darf nicht unerwähnt bleiben! Wir machen nicht irgendwas an Menschen. Wir waschen nicht irgendwie, sondern gehen sinnvoll und begründet vor. Wenn wir aus den Patientenzimmern gehen, sitzen wir nicht und trinken Kaffee sondern erledigen Administrative Aufgaben (Koordination von Untersuchungen, Vorbereitungen von Untersuchungen, Digitale und schriftliche Dokumentation) sowie das richten von Medikamenten aller Art.

Ich will sagen:

  Pflege weiß was sie tut und warum sie etwas in einer bestimmten Art und Weise tut!

Ja, im größten Stress mag das teils nicht so wirken. Das liegt womöglich daran dass wir Pflegekräfte Menschen sind. Wer hätte es gedacht. Wir haben keine Superkräfte und beamen können wir auch (noch) nicht. Ich bin sicher die Bundesregierung arbeitet an einem Verfahren uns von Ort zu Ort zu beamen anstatt unsere Arbeitsbedingungen endlich zu verbessern.

Die Pflege darf nicht umsonst arbeiten! Wir sind Angestellte, genau wie deine Bankkauffrau in der Bank und dein Anwalt in der Kanzlei. Kein Anwalt läuft durch die Straße und verschenkt seine Arbeitskraft. Die Bankangestellten sind nicht Hobby Finanzberater und haben den Wohlfahrtsstempel auf der Stirn.

Pflege hat Wert! Pflegekräfte haben eine fundierte Ausbildung, die uns dazu befähigt für den individuellen Patienten die beste Pflege auszuwählen. Wir dürfen nicht ehrenamtlich arbeiten! Wir haben die Macht, den Menschen dazu befähigen seine Grundbedürfnisse intim und im vollen Umfang auszuleben.Wir kümmern uns um die Dinge, die die meisten Menschen unbewusst tun! Bis sie es nicht mehr können. Wir erleben die Menschen in misslichen Lagen, die sich schämen, die Ihren Löffel nicht halten können und auch nicht Ihren Urin. Die sich nicht mehr alleine vom Liegen ins Sitzen befördern können. Die im Bett liegen und nur noch die Augen rollen können. Pflegekräfte sorgen dafür dass diese Menschen ihre Grundbedürfnisse erleben und nicht alleine sind, in dem Moment indem Ihr Körper sie im Stich lässt. Eine solche Arbeit muss bezahlt werden - eine solche Arbeit muss geschätzt werden - und sie muss gelernt sein.

Ich wünsche mir, dass Deutschland, allen Voraus die Politiker und die Klinikbetreiber die Augen öffnen und sich Ihren Grundbedürfnissen bewusst werden. Wen möchten Sie um sich haben wenn der Weg zur Toilette nicht zu bewältigen ist! Sicher keinen, der nicht die nötige Professionelle Haltung hat, ihm das Gefühl zu geben das er  in diesem Moment der Hilflosigkeit braucht. Ist es das nicht wert? Eben. Und das, meine Lieben, muss einen Rahmen bieten dem die Grundbedürfnisse des Menschen gerecht werden!

So - jetzt geht's wieder! In diesem Sinne, wünsche ich euch:


Donnerstag, 25. Januar 2018

Allgemeine Ärgernisse

Ist denn alles zu spät?


Ich unterschrieb kürzlich einen Brief der Initiative "Pflege in Bewegung" der an die Regierung weitergeleitet werden soll. Wohlgemerkt an eine Regierung die noch immer nicht weiß mit wem sie regieren will und wo es überhaupt hin geht. Irgendeine von diesen Parteien wird doch wohl mal fähig sein ein Zusammenkommen möglich zu machen. Wir wollen doch alle vor allem eins, Demokratie.

Eine Demokratie die Sicherheit und soziale Gerechtigkeit möglich macht.

2018 - hochtechnologisch, medizinisch auf dem Fortschritt, gesellschaftlich zwar schwankend, was wir wohl alle durch die "Flüchtlingskrise" mitbekommen haben, sieht man nun, dass unsere "moderne" Gesellschaft etwas mehr weitsicht verdient hätte.

Statt Chancen zu sehen und positives Anzupacken, sah, und sieht man immer noch viel Ekel - Ekel in den Köpfen der Menschen, die sich erlauben über andere zu urteilen und meinen, sie seien im Recht.

Dieser egoistische Ekel den ich immer wieder feststelle, der mir entgegenkommt, vor allem in den unendlichen weiten der "sozialen" Netzwerke, die nun auch missbraucht werden für das, was die Menschen öffentlich sich nicht zu sagen trauen. Dieses "Hinten rum" wie es sich heute nun in "Freundesplattformen" für alle zugänglich macht, macht aus den Menschen rückschrittliche Gestalten. Menschen die überall den "Senf" oder "Ketchup" dazugeben müssen um in der breiten Masse Gehör zu finden ohne darüber nachzudenken, was sie mit ihren Statements in den Seelen und Köpfen betroffener Menschen anrichten. Minderheiten, ein Wort das geschaffen wurde um andere sozial abzugrenzen.

Natürlich sollte man Straftäter für unrecht getanes belangen, auch ich sehe da sogar Aufholbedarf was die strenge der Konsequenzen für Straftaten direkt an anderen Menschen angeht. Ich glaube sogar zuvor schon dieses Thema angesprochen zu haben.

Das Uralte Schubladendenken. Ich bin dafür, dass man dies selbst in eine stecken sollte. Kein Mensch verdient in diese gesteckt zu werden, die Schublade, die vorprogrammiert, was du bist, für was du stehst, und das unwiderruflich.

Die Pflegeschublade ist auch eine solche.. Zwar kommen nun auch immer mehr männliche Exemplare hinzu, trotzdem ist sie ein sehr Frauenlastiger Beruf. Pflegekräfte wollen doch alle nur helfen, nett sein, immer zur Stelle sein, lächeln, Dinge möglich machen, die gar nicht zur Pflege gehören, Tätigkeiten von jeder Berufsgruppe außen rum noch mit übernehmen, und vor allem aber soll sie es machen ohne zu demonstrieren. Die Klischees die über die Pflege herrschen, auch solches sie würde sich nur mit den Exkrementen der Menschen beschäftigen müssen widern mich an. Stellt euch nur kurz vor wenn wir uns nicht mit Inkontinenzmaterial auskennen würden. Dann könnte die Menschheit komplett einpacken, will ja niemand zugeben wie wichtig Intimpflege ist. Tabus noch und nöcher die niemand besprechen will aber die Basis unseres Seins ausmachen. Da haben wir die Schublade. Man darf sie immer mit "Du" ansprechen, und wie ein Dienstmädchen behandeln. Auch wenn die Menschen dass vielleicht (hoffentlich) nicht so meinen -  so fühlen wir uns. Wie Handlanger der anderen Professionen und wie jemand der anderer Menschen Dreck wegräumen soll. Was wir für wirklich Hilfebedürftige auch gerne tun, aber nicht für alle anderen Berufsgruppen..



Es gibt sogar mittlerweile "Kekshierarchien". Nicht nur dass die Pflege völlig ausbrennt, alleine gelassen wird (welches ich öfter schon beruflich thematisierte), ihre gewohnten Aufgaben nicht mehr annähernd zufriedenstellend beenden oder ausführen kann, da wir Aufgabengebiete von allen möglichen Berufsgruppen übernehmen (müssen), statt unsere eigenen Aufgaben die wir mit Hingabe und viel Mühe in 3 Jahren Ausbildung mit allem möglichen Schnick Schnack erlernen und vertiefen mussten.
In der freien Wirtschaft gibt es sie auch, diese "Kekshierarchien", nun, wenn das schon so anfängt dann hätte ich gerne überhaupt keine Kekse, für niemand. Der Gedanke verschiedenen Ebenen einer Firma verschiedene Qualitäten von Keksen (ja ernst) anzubieten übersteigt meine Auffassung von  Wertschätzung für einen Mitarbeiter. Die "Kekshierarchie" kann man auf beliebige Situationen ausweiten.. Die Polster von Stühlen, die Echtheit von Pflanzen, sie steht nur stellvertretend für die Art wie Unternehmen geführt werden und welche Charakterzüge man offen legt damit. Ich frage mich nur, was es rechtfertigt zu glauben, dass höher qualifizierte Kekse für höher qualifizierte Menschen gerade recht wären. zum Nachdenken - bitte.

Ich mache mir Gedanken. Gedanken über den Stellenwert der Mitarbeiter in Firmen. Was Befehle und Anweisungen für das Stellenprofil angeht kann ich natürlich verstehen dass ein Management die Führung übernehmen muss, aber muss sie nicht auch für Gleichstellung und ein gutes Arbeitsklima sorgen? Natürlich MUSS sie das nicht, es gibt verschiedene Ansätze zur Führung von Abteilungen und Firmen. Ich glaube der Weg über die Persönliche Zufriedenheit der Mitarbeiter würde jedoch einiges einfacher machen. Die Initiative "Pflege in Bewegung", beschreibt diese ganzen menschenunwürdigen Zustände in einem aktuellen Brief, den ich natürlich befürworte. Ich verstehe auch, dass die Köpfe von Firmen bestimmen müssen, denn ohne einen Souverän an der Spitze, könnte man es sagen wie Hobbes: "Der Mensch ist dem Mensch ein Wolf". Ich denke man kann auch Chef sein ohne die goldene Keksdose mit den Fangzähnen aufzureißen und dem Rest die Krümel zu hinterlassen.

Jetzt stellt sich natürlich noch die Frage, ist alles zu spät? Kann sich noch irgendetwas zum besseren Wenden wenn die Kekse den Standard vorgeben? Darf man sich überhaupt beschweren? Ich will mich gar nicht beschweren, ich äußere meine Meinung zu den Ungerechtigkeiten die mir entgegen kommen.

Das System in Deutschland ist vergiftet, und die Pflege bekommt jeden Minute die Dosis verabreicht. Die Gesetze und die Politik machen aus einem professionellem Beruf mit enormer Handlungs- und Sozialkompetenz eine ausgezehrte, unterdrückte, weisungsbefolgende, völlig überforderte und sich selbst gefährdende, schließlich auch sich aufgebende Persönlichkeit.

"Und dann wird man erwachsen, wenn man feststellt dass Gerechtigkeit genauso real ist wie Einhörner, Feen und Zwerge." (von Pinterest ;))