Montag, 23. Januar 2017

Kraft

Kraft


Ich habe schon immer gern geschrieben, Bücherweise Blankoseiten gefüllt. Man kann sich ausdrücken - egal wie - die Zeilen verzeihen jegliche Ungereimtheiten.


Mein Ernährungskurs ist nun zuende, ich bin Ernährungsberaterin. Was mach' ich nun damit? Schwer - so unendlich schwer. Mein Mann sagt: "Du kannst es doch nicht umsonst gemacht haben?" Da hat er recht. Umsonst war es nie. Für mich gilt Lebenslanges Lernen. Wer aufhört zu lernen, hört auf zu Leben.
Jobwechsel, Selbstständigkeit - viele Dinge schwirrten in der letzten Zeit in meinem Hirn aber letztendlich würde es meine Situation nur bedingt ändern, macht es den Pflegenotstand besser wenn alle gehen?
In diesem Zusammenhang komme ich auf Jahresvorsätze zu sprechen.. Wer hat einen? Habt Ihr Ihn immer noch? Ich hatte zunächst keinen - aber jetzt..


Man kann nicht einfach davon laufen! Das ist nun mein Vorsatz. Was bringt es der Pflege wenn wir kündigen, studieren, wechseln, oder sonst wie abhauen.. flüchten hilft nicht. Es führt nur dazu dass die Politik wie z.B. jetzt Manuela Schwesig verlauten lässt wie dankbar doch alle für die leisen Heldinnen und Helden des Alltags sind. Die Pflege muss LAUT werden. Wenn alle gehen, werden wir weiter die leisen sein, die niemand hört. Ich will nicht leise sein.
10 Jahre bin ich da, sage auch gerne, meine Station. Sie gehört mir nicht - aber die Erfahrungen die ich dort gesammelt habe - so viele wertvolle Dinge, die ich dort gelernt habe. Mein Wissen dass ich bis jetzt gewinnen konnte und die tollen Menschen die dort arbeiten sagen mir: Optimistisch bleiben - dran bleiben - nicht weglaufen. Stark bleiben, gesund bleiben und das machen was ich kann. Pflegen, behandeln, anleiten, verstehen, kommunizieren und manchmal auch streiten. Aus Streit entsteht was neues, meist etwas gutes.




Man lernt einen Beruf normalerweise weil man sich diesen aussucht, weil man überzeugt davon ist, dass dies das richtige ist. Ich muss zugeben ich habe abgeschaut. Meine Mutter ist auch Krankenschwester und irgendwie bin ich auch damit groß geworden, zwar habe ich auch Praktikum im Kindergarten gemacht aber die Wahrheit ist, ich wollte das machen was Mama so gut konnte. Ich war schon immer beeindruckt von Ihrer starken selbstbewussten Art alles irgendwie hinzukriegen. Stundenlang mit Bleistift und Radiergummi Dienstpläne zaubern..

(mein Amerika-Gen schlägt gerade durch) ;) emotional kann ich eben .. ;)

Eine einzige Bewerbung an das Krankenhaus hier um die Ecke hat es gebraucht, ich wurde sofort als Azubi eingestellt und ich war glücklich. Ich kann das, ich will das!
Ich merkte schon während der Ausbildung dass es mir Spaß macht, dass ich gute Bewertungen und Noten hatte, dass ich Lob empfing.. Da muss was dran sein.
Wie war das bei euch? Warum habt Ihr euren Weg so gewählt?



Nach meiner Ausbildung wollte ich etwas anderes sehen, ein größeres Krankenhaus musste her, gerade um die andere Ecke - die 2. Bewerbung in meinem Leben und auch da brauchte es keine weitere. Kardiologie wählte ich bewusst. Ich kannte mich aus mit dem Herz -  Bruderherz -  und ich wollte mehr davon. Herzen gehören zu meinem Leben und ich wollte Sie verstehen.
Wie man also hört ist die Pflege ziemlich präsent bei uns. Mutter, Tante 1, Tante 2, Zahntechnische Ass., Medizinische Fachangestellte, auch mein Vater hat in der U.S. Army als Logistikspezialist im Medizinischen Bereich gewirkt und immer mit verschiedenen Kliniken auf unserem Erdball zu tun gehabt. und es hält an.. Gerade ergreift wieder jemand in meiner Familie die Chance auf eine Verbesserung des Pflegeberufs. Eine Seuche sollte man meinen. Ich könnte beinahe selbst ein Krankenhaus eröffnen.

Um nun jeden Tag die Kraft aufzubringen mich selbst an diesen Vorsatz zu erinnern hilft mir gesundes Essen - das heißt nicht einfach Apfel und Banane, sondern Vitamine, Energiespender - aber auch Seelentröster. Letztere wohl in dosierter Form - aber ich habe gelernt, auch das reicht.
Natürlich lebe ich nicht nur von Haferflocken und Joghurt so wie manche Arbeitskollegen von mir schon denken müssen. Im Krankenhaus habe ich aber gelernt dass es einfacher ist eine Schüssel auszulöffeln als ein Brot zu schmieren (Prioritäten setzen muss man auch in der Pause, man hat doch keine Zeit ;)). Gesunde Mahlzeiten aus Schüsseln, wie beim Pflegefall - man passt sich eben an :).


Klar kann also Haferflocke und Co. für das Überleben einer laufenden Krankenschwester positiv sein. Meine 8 Std.-Verpflegung setzt sich wie folgt zusammen:

Zarte Haferflocken mit Mandel-Vanillemilch (oder andere (Pflanzen-) Milch)
Joghurt mit frischen (oder TK-) Früchten (manchmal auch Honig, Agavensirup oder Ahornsirup)
2-3 (!) Äpfel (oder anderes Obst)
1 Banane

Für viele ist dies wohl etwas langweilig. Mir hat es geholfen immer das gleiche zu essen, denn so entwickelt man Routine darin tagtäglich seine Lunchbox zu packen. Ich mache mir nicht mehr viele Gedanken darüber und brauche keine Bäckertüten oder Salatpackungen aus dem Supermarkt. Gesunde Gewohnheiten helfen dabei Druck abzubauen. Durch meine eingespielte immer gleiche Pausenmahlzeit muss ich nicht daran denken welche Tankstelle ich anfahren muss oder was es wohl in der Cafeteria heute gibt. Eine solche Planung verhindert Heißhunger. Der, der uns schwach macht,  und der, der uns zum Süßkram greifen lässt.

Ab und an schön essen gehen und ordentlich zuschlagen bei der einen oder anderen Geburtstagstorte ist natürlich auch drin  aber es wurde zur Belohnung z.B. zu besonderen Jahrestagen. Veränderung bringt solche Tage mit sich. Es gibt nicht mehr nur den Hochzeitstag und den Geburtstag. Es gibt den Tag an dem wir begonnen haben abzunehmen und dann gibt es noch den Tag an dem wir angefangen haben zu laufen. Muss alles gefeiert werden. :) Wenn dann diese Tage alle da waren muss man dafür sorgen dass es weitere gibt  - deshalb laufe ich gerne LANG, z.B.  19 km nach einem kurzen Schläfchen nach dem Nachtdienst. Ich kann einfach nicht fassen dass ich sowas kann ;), also muss ich es feiern.



Ich habe Jahre gebraucht um festzustellen was ich brauche um dem Alltag auf Station gerecht zu werden. Man muss es auch einfach mal aushalten. Wenn man aber nach Hause kommt und alles ausgehalten hat muss es weiter gehen. Der Ballast muss weg - weit weg.. also Laufschuhe schnüren und los - die letzten Tage erst habe ich dazu genutzt - Schnee ist nicht hinderlich - es gibt ja Schuhspikes. Der öde Spruch mit der falschen Kleidung bei Ekelwetter ist zwar ausgelutscht aber er ist wahr. Schönes Wetter kommt von ganz alleine. Wenn ich dann auf meine Uhr schaue und da steht wieder irgendwas zweistelliges, freu ich mich. Eigenlob stinkt nicht. Es ist auch nötig. Ich beobachte oft dass die Menschen vor lauter Aushalten und Erschöpfung schlecht zu sich selbst sind - und damit auch manchmal zu anderen. Wie du mir, so ich dir - habe ich noch nie gut gefunden. Man muss Herr über sich selbst sein, sich selbst kennen - sich nicht von der Umwelt leiten lassen, wenn es noch so schwer scheint. Lobt euch, selbst wenn es nur dafür ist, dass Ihr die Schokolade liegen gelassen habt.

Man hat nur ein Leben und man muss Kraft dafür aufbringen. Manchmal jeden Tag. Manchmal vielleicht auch mehrmals am Tag. Dann ist es aber auch so wie man es selbst will!



Dienstag, 17. Januar 2017

Die Sache mit dem Essen

Was bedeutet Essen für uns? 

Nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern Gefühl! Davon nicht zu wenig.


Natürlich Essen wir, weil wir müssen - aber in unserer Industriegesellschaft würde längst niemand verhungern wenn wir 2 Wochen nicht essen würden. Viel mehr ist essen für uns etwas, das positive Gefühle in uns auslöst. Haben wir Geburtstag - belohnen wir uns und unsere Gäste mit besonders guten Mahlzeiten. Jegliche Einladungen oder besonderen Anlässe feiern wir gerne auch mit Qualität und damit hochwertigem Genuss.
Wir freuen uns darauf - bei Hochzeiten, Weihnachtsfeiern, und sogar beim Leichenschmaus nach Beerdigungen wird nicht verzichtet. Essen in Gesellschaft hat bei uns einen hohen Stellenwert erlangt! Wir fühlen uns einfach gut und haben Spaß oder vernichten die Einsamkeit in uns die auch ich gerne umgehe.


Wer aus Einsamkeit isst will ähnlich wie beim Essen in Gesellschaft ein positives Gefühl verstärken. Genugtuung und Zufriedenheit wenn Schokolade im Mund schmilzt oder der angenehme Salzgeschmack der Chips oder Erdnüsse wenn es im Mund kracht. Sättigung oder Befriedigung von Verlangen gehören wohl zu den schönsten Gefühlen. Mit Gesundheit hat dies allerdings nichts zu tun. Nur im bestimmten Rahmen ist es gesund wenn wir uns mit Essen belohnen. Eine Hochzeit, der Geburtstag, ein langer Lauf <3, eine bestandene Prüfung oder auch die Erhöhung des Gehaltsschecks sind Anlässe im gesunden Rahmen, nach denen aber jeder zur Tagesordnung und zum normalen Essverhalten übergehen soll.

Viele Menschen sind jedoch im Laufe der Zeit und mit Veränderungen der "Keine-Zeit-Gesellschaft" davon abgekommen einen normalen Tagesablauf beizubehalten indem es nicht immer jede Leckerei geben kann. Auch Stress, Frust und Traurigkeit sind im allgemeinen Größer geworden; man muss sich nur umsehen und mal kurz inne halten, wenn die Welt aneinander vorbeihastet und sich Bäckertüten samt Inhalt ins Gesicht schiebt.
Besonders das Berufsleben sorgt oft für diese Ekel-Gefühle welche zu einer massiven Demotivation führen. Jedes positive Gefühl ist dann machtlos - es sei denn - man isst.


Ein langer Arbeitstag geht zu Ende - egal welche Branche, Stress gibt es überall, trotzdem werde ich im besonderen öfter auf die Pflege zurück kommen.
Ich komme nach Hause und bin betäubt, vom Telefongeklingel, der Patientennotglocke, dem Monitoralarm, da brauch ich erst mal Kaffee, einen Stuhl und einen Müsliriegel. Wenn man von Frühdienst spricht ist genau dass mittlerweile meine Routine um wieder runterzukommen. Ich habe das Glück aufgefangen zu werden, viele sind aber auch alleine wenn sie nach Hause kommen. Katze oder auch Hund können den Seelenterror spüren - ihn sogar mildern, trotzdem muss man alleine damit klar kommen. Verschwinden wird der Stress - zumindest für den Moment mit Pizza, Fast Food, Eiscreme und Co.. - nicht nur Fast Food führt zur Stillung des Verlangens oder zum Stressrelief, eigentlich ist es nämlich egal was wir in uns aufnehmen; Warum also nicht etwas gesundes!

Tag ein, Tag aus beobachte ich Menschen in meiner unmittelbaren Umgebung - Zuhause aber besonders auch im Beruf die mit Ihrem trägen Willen kämpfen. Es wird niemand hier angegriffen, ich schildere Beobachtungen und oft sind es auch meine eigenen Handlungen die ich Beobachte wenn der Patient X mal wieder die Extragroße Pralinenschachtel als Dankeschön für die netten Serviceleistungen da lässt. Ich greife rein, habe ich ja verdient.. habe ich das?
Eine Geringschätzung unserer Arbeit führt zu massivem Frustaufbau. Wir Pflegekräfte tun den Patienten leid "wir müssen ja so rennen", "des arme Mädchen hat keine Zeit", das mag alles sein, deshalb frage ich mich was die Schokolade bewirken soll. Ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Bankangestellten erlangen bei den gleichen Personen kein Mitleid. Ekel überkommt mich manchmal wenn ich den nächsten Kuchen annehmen muss. Wir werden bezahlt für unsere Arbeit! Über die Höhe des Gehalts, die Rahmenbedingungen und den Stresspegel zwischen mir und einem Büroangestellten können wir streiten aber eins steht fest: Ich will niemandem Leid tun, habe mir meinen Beruf ausgesucht, ich mag was ich gelernt habe.
Das ist nun der Unterschied, was ich heute tue hat außer in der Theorie nicht viel mit meiner Ausbildung zu tun. Auch diese Tatsache wird wohl vielen Arbeitenden bekannt sein, egal welches Berufsfeld.
Es sind die Umstände unter denen man seine Arbeit tun muss. Stress und Wut werden so zum Nährboden von Übergewicht. Sie werden zur Entschuldigung. Stress und Wut sind eine so große Belastung für den Geist, dass wir umgehend versuchen wollen diese widerlichen und hinderlichen Gefühle los zu werden. Ist es nun also gut dass ich im Pausenraum ständig Süßkram für alle Fälle stehen habe?! Die "alle Fälle" sind ja allgegenwärtig andauernd.. Ich bin es leid, dass ich durch den schwerwiegenden Dank unserer Patienten selbst so schwerwiegend werden soll. Ein Ausgleich muss her!


Im Berufsalltag selbst können wir nicht ums Haus rennen, in den Boxsack schlagen oder verbal ausfällig werden. Wir können vielleicht ein paar Sekunden meditieren aber nicht das gesamte Seelenmalbuch auspacken. Essen ist natürlich möglich aber davon will ich abkommen, zumindest außerhalb der Pause!
Seit knapp 15 Jahren arbeite ich in Pflegeeinrichtungen. Praktika im Altenpflegeheim, Ausbildung im Akutkrankenhaus und der Einstieg ins wahre Berufsleben auch im Akutkrankenhaus - wenn auch ein anderes. In diesen 15 Jahren sind mir gehäuft sensible Personen begegnet (wie ich auch) die sich oft aufopfern, intelligent und organisiert sind aber trotzdem seelisch oft im Ungleichgewicht scheinen. Dazu muss ich anfügen dass ich von meinen Begegnungen während der Arbeitszeit rede und nicht von den Personen wie sie sich vielleicht zu Hause verhalten, dies sollte sich unterscheiden :)

Mein eigenes Helfersyndrom bei dem ich mich immer wieder selbst ertappe scheint auch nicht schlecht ausgeprägt.. Führte es nicht dazu dass ich bei jeglichen Weiterbildungen hier schrie und nun vor lauter Engagement auf Station meine Arbeitsstunden reduzieren musste - Selbstschutz ist wichtig. Selbstschutz kann man nur betreiben wenn man eigene Macken akzeptiert und entweder kontrolliert oder ausbalanciert.
Da ist dieses Ding mit der Ernährung, dass ganz ähnliche Macken in einem hervorbringen kann. Eine emotionale Unbalance führt oft dazu ein gestörtes entschuldigendes Essverhalten zu entwickeln. Vielleicht isst man aber auch nicht falsch, vielleicht nutzt man seine geschufteten Arbeitsstunden auch einfach zum Beine hochlegen und vergisst dabei die gezielte Bewegung - Meist ist es aber doch das Cortisol-verseuchte Stresslevel.

Mein Lieblingsthema nun neben dem Essen, der Stressabbau. Zu meiner Kollegin sagte ich neulich es müsste für unsere Patienten so ein Ventil geben, dass man einfach aufmacht und das böse Ödem einfach abfließt. Das gibt es natürlich nicht, aber doch irgendwie. Für uns gibt es ein Ventil, die, wie wir gesund (hauptsächlich) durch das Leben wandern und uns stressen lassen. Der Dampf muss raus, das geht am besten indem wir ins kühle Nass springen, oder der peitschende Wind bei uns auf dem Rad Platz in unserem Hirn schafft. Ich persönlich habe mein Ventil gefunden. Ich laufe und laufe und laufe. Mein Körper findet das gut. Zwar muss ich mich um Ausgleichssport bemühen denn jemand der auf einmal von 0 auf 100 geht bekommt das nur bedingt verziehen. Also fahr ich Fahhrrad, gehe schwimmen und mache Stabilisationstraining. Am wichtigsten bleibt der Lauf - den Kopf freiballern, der Aggression davon laufen.
Man muss kein Megasportler werden, meine Ventile haben viele Hähne - so gehe ich viel Spazieren mit meinem Hund aber auch eine Massage im Studio meiner allerbesten (<3) kann so ein Ausweg sein. Ein Weg zu Ruhe, ein Gang zur Stadtbibliothek oder auch mal zum Onlineshoppingportal meines Vertrauens wenn die Zeit knapp ist ;) Was ich sagen will, es sind so viele Möglichkeiten. Couching ist keine davon, wenn aber doch dann den Wecker auf 20 Minuten stellen und fertig.


Der massive Druck in der Pflege wird sich in Zukunft nicht verändern. Gesundheitspolitik und Pflegereform, diese ganzen Wörter... es sind nur Wörter. Solange die Gesellschaft nicht erkennt dass ein Smartphone oder der Großraum Internet keine Schutzhosen wechselt oder gar für deine Körperpflege sorgt, wenn du selbst nicht mehr kannst, solange in China weiter an Pflegerobotoren gebastelt wird anstatt jemand daran tut Stellenpläne zu optimieren und solange dass dem Staat nicht wichtiger wird und er nicht sieht dass eine Maschine vielleicht Tabletten richten kann oder Dokumentationen erledigt, bleibt es so. Der Staat sieht nicht was die Pflege sieht. Menschen die mit der Hälfte des Gesichtes lächeln, oder die, die grauäugig umherstreifen und Bushaltestellen in Gebäuden suchen. Studierte Politiker in glänzenden Anzügen die Diäten verdienen anstatt sie zu machen. Schwer erträglich dass davon der Pflegealltag abhängt.
Der Umstand obiges zu sehen und tagtäglich damit umzugehen sorgt für Hunger um nicht zu sagen unbändigen Hunger. Hunger nach Zufriedenheit für die Kollegen, die so gut sind - und für sich selbst.


Man kann rauskommen aus dieser Mühle, am besten bevor das Burnout uns zermahlt. Selbstdisziplin, Ehrlichkeit und Kontrolle. Bei mir dauert es nun auch schon eine Weile an und ich bin jeden Tag daran Kraft aufzubringen und den Ehrgeiz sich über den Naschwahnsinn des Pausenraums hinwegzusetzen.
Es muss ein Kampf sein der sich lohnt - für ein besseres Leben, Körperbewusstsein und was mir am wichtigsten ist: Um meinen Job nicht zu hassen! Meine Mutter (die Rentnerin ;)) sagt jeden Tag "Es ist so wichtig was du tust" ---
Ich sorge dafür dass es auch mir wichtig bleibt! Sorge auch du für dich!

Dienstag, 10. Januar 2017

Aller Anfang ist schwer

Los geht's,
es muss ja jeder was zu sagen haben. Die letzten Jahre habe ich so viele Blogs gelesen.. Die meisten wohl übers Laufen aber auch Food Blogs oder Mode Blogs waren dabei. Ich weiß noch nicht genau was dass hier wird. Ich will nicht nur über Laufen oder Essen bloggen. Ich hatte die Idee darüber zu schreiben warum diese zwei meiner Lieblingsdinge mit meinem Beruf so schwer kompatibel sind und dass es sich lohnt sie trotzdem zusammen zu bringen. Pflege von anderen bedeutet in erster Linie auch Pflege von sich selbst, sonst geht man dahin, oder unter, oder auseinander oder aber man jammert und schimpft.. All dass will ich nicht, lest selbst..

4 Jahre ist es nun her dass es bei mir klick gemacht hat. Vom abnehmen zum Sportler zur Ernährungsberaterin, immer hungrig, immer am schuften. Ich habe viele Menschen getroffen die auch viel abgenommen haben, aber alle durchleben einen geregelten Tagesablauf. Es muss doch auch Pflegekräfte geben die sich damit auseinander setzen?! Seit Jahren beobachte ich gegenteiliges. Mir ist klar dass es auch viele Krankenschwestern mit gesundem Essverhalten gibt aber ich bin keine gewesen. Und vorallem in dem Bereich in dem ich arbeite ist es mir besonders schwer gefallen nicht zuzunehmen.

Ernährung fängt schon nach der Geburt an, da lief wohl noch alles normal für mich aber schon im Kindergartenalter als meine Eltern beide voll Berufstätig waren spürt auch ein Kind diese Unregelmäßigkeit. Frühstück gab es eigentlich grundsätzlich nie. Bei meinen Großeltern wurde Kuchen in Kaffee getunkt und bei meiner Mutter (auch Krankenschwester) gab es mal Müsli aber alles eher sporadisch, denn es fehlte die Regelmäßigkeit. Schichtdienst und Regelmäßigkeit sind nunmal nicht gut auf einen Nenner zu bringen. Ein schönes reiches Frühstück wie ich es heute jeden Tag zu mir nehme in Gemeinschaft (ob im Beruf oder Zuhause) gab es nicht. Klar haben wir mal ein Brot zusammen gegessen, aber das wurde zuvor zwischen Schneidbrett und Kühlschranktür geschmiert. Man sparte sich auf für das Heilige Mittagessen. Zumindest bei meinen Großeltern war dies traditionell um 12 Uhr mittags. Landwirte essen zwar auch Salat aber nun mal mit Schweinebauch. Oder Kartoffeln auf jedenfall mit Bratensoße. So ging das jeden Tag, wenn ich bei meinen Großeltern war. Wenn meine Mutter frei oder post Dienst war haben wir zuhause gegessen oder eben zusammen bei meinen Großeltern. Abends gab es das berühmte Vesper. Reichlich Hausmacher Wurst mit Gurke und Tomate auf dicken frischen Brotscheiben und Butter. Wie man merkt mir hat es geschmeckt :)

Wenn mein Vater da war gab es dann noch Ausflüge nach little America. Fast-Food-Time, aber natürlich zu mittag. Morgens gab es manchmal Omelette oder Ham, Cheese and Egg-Sandwich. Lauter gute Sachen von Menschen die nur das beste für mich wollten. Solange ich ein Kind oder auch Jugendliche war konnte sich durch den erhöhten Kalorienverbrauch wohl noch alles in Grenzen halten aber als ich zunehmend selbstständiger wurde und mobiler (wohlgemerkt mit Auto, Sport war nie so meins) ging ich dann selbst auf Fast-Food-Ausflüge. Wie schön dass alles noch war, als man sich keine Gedanken machen musste, alles was ich gegessen habe, war erlaubt.. immer, und in jeder Menge.


Als ich aber 20 wurde nahm das alles überhand. Sportlich war ich noch nie aber ein sporadisches Volleyball spielen oder anderer Schulsport bewahrten mich vor dem überquillen. Mit 20 entdeckte ich, wie schön es war mit dem eigenen Geld essen zu gehen, mit meinem neuen Freund (Sebastian) in der Stadt Nahrungsmittel zu kaufen und dann überschwänglich zuzubereiten (Liebe geht durch den Magen). Diese ganze Geschichte, alles was ich jetzt schreibe ist ein Bruchteil von jenem was ich sagen will. Zu oft habe ich darüber nachgedacht und viel zu  oft habe ich es erzählen müssen. Ein kleiner Teil meines Traumas dass wohl jeder Mensch mit sich rumträgt. Natürlich tischt man gerne groß auf, mein Trauma beschränkt sich auf eine Essstörung, die zwar nie richtig diagnostiziert wurde aber voll ausgelebt. Essen bis zum Erbrechen, Erbrechen vor lauter Nervosität. Zwar verschwand das Erbrechen von alleine als ich ins Jugendalter kam, trotzdem nutzte ich dass Essen. Essen zaubert Gefühle und immer wenn wir uns gut oder schlecht fühlen oder fühlen wollten kann man dies mit Essen beeinflussen oder heraufbeschwören.

Mit 26 als ich mit Sebastian den Gipfel dessen was Essen anrichten kann erreicht hatte wurde uns klar dass es so doch nicht weiter gehen kann. Fast 100 kg (ich konnte nicht auf die Waage, zu schmerzhaft war es) haben wir jeweils mit herumgetragen. Die Motivation begann fast zeitgleich mit unserer Hochzeit 2012. Mein Cousin Marty und seine Frau Jenn folgten der Einladung. Bewundernswert, viele schlechte Tage gehabt und zusammen so viel gutes erreicht. Sie brachten Ernährung für uns in ein neues Licht, denn Sie konnten Essen was sie wollten, denn Sie Liefen.. Weit, schnell, - Marathon... Mensch, ich war so beeindruckt. Leider sind Hochzeitsfeiern zu kurz und irgendwann muss jeder wieder nach Hause. Dieses nach Hause gehen bedeutet leider für die Hälfte meiner Familie eine weite Reise über den Atlantik. Ich versuche nicht so oft darüber nachzudenken wie weit es ist..
Der Anfang war gemacht, Sebi und ich hatten Einsicht.. Wir wussten da muss was passieren..aber wie?.. Ein paar Monate später fing eine Arbeitskollegin und Partner mit Weight Watchers an. Sie erzielten viele Erfolge und veränderten Sich so schnell. Es schmolz einfach alles dahin. Es schien irgendwie so einfach und wir dachten, irgendwie muss es doch auch für uns funktionieren.

Wir zählten also Punkte.. am 7.11.2012 gings los. Lieber Gott ich hab noch nie so viel geweint, ich weinte weil ich zum ersten mal in meinem Leben eine Grenze für Essen hatte. Da war diese Zahl und die galt es nicht zu überschreiten. Abends um 18:00.. das Maß war voll.. ich wollte Schokolade..jetzt, sofort und viel. Aber Sebi und ich übten uns in Disziplin und so wurde es was es heute ist. Gesundes Essen, mittlerweile auch vegetarisches Essen, bewusst Essen, Viel Essen, Viel Sport aber immer noch viel Schichtarbeit. Und es geht, man braucht anstatt einem Tagesplan - 4 Pläne.. Frühdienst, Spätdienst, Nachtdienst, Frei. Jeder Tag hat seinen Rhythmus und Essen steht bei mir ziemlich oben. Schon immer.


Wenn ich so schreibe fällt mir auf, dass ich schon früher hätte schreiben sollen. Der Mensch der ich heute geworden bin, ist es leid diese alten Kamellen heraufzuholen. Aber Sie gehören dazu und irgendwie bin ich auch ein kleines bisschen Stolz. Stolz dass ich das geschafft habe und da bin, wo ich heute bin.