Donnerstag, 25. Mai 2017

Als Schatten in Schmiedefeld

Lange geplant war unsere Reise nach Thüringen, die gleichzeitig für mich auch Urlaub bedeutete. Nach vergleichsweise kurzer Fahrt kamen wir letzten Donnerstag in Eisenach an, schon eine Woche her, irgendwie trotzdem noch so nah.



Eine wunderschöne Stadt, restauriert vor vielen Jahren und nun wie jedes Jahr bereit für die Läufer, von diesen hat man Donnerstags aber noch nicht viele gesehen.
Mein Sebi war schon zuvor Zuhause mit großer Aufregung aufgefallen, aber in Eisenach wich diese dann schließlich der blanken Angst. Ich kicherte in mich hinein, klar konnte ich Ihn verstehen und trotzdem wünschte ich mich an seine Stelle oder einfach mit Ihm dabei zu sein. Zum einen um teilzuhaben aber auch um Ihm den Schmerz zu nehmen, denn die letzten Wochen waren einfach knallhart. Schließlich kenn ich mich mit Schmerzen nun besonders gut aus, zumindest sind meine endlich mal wieder verflogen. Leider hatte Sebi nun so manches Wehwechen aufgesucht und ich hätte mir gewünscht ich hätte es einfach wegpusten können.. Ja, ja ich weiß, das geht nicht. Bin auch nicht vom Mond - ich träum eben gern ;)

Als wir Thüringer Klöße im Partyzelt aßen und Katrin, Holger und Michael trafen hätte ich mir einfach gern auch eine verdammte Startnummer gekauft. Pasta- oder Kloßpartys sorgen einfach für eine Menge Sehnsucht bei mir nach langen langen Strecken. Leider zeigen mir die immer wieder auf wo meine Grenzen liegen.

Kann man akzeptieren - werd ich aber nicht ;)

Natürlich wäre es utopisch zu denken ich könnte hier einfach einen Ultra laufen, da fehlte mir aktuell doch wirklich die nötigen Vordistanzen und eine anständige Vorbereitung um das durchzustehen. Trotzdem überwältigte mich die Bewunderung und die Freude auf diese Veranstaltung.




Samstag früh um 4 Uhr klingelte der Wecker - nein, nicht meiner, der auf der anderen Seite (hahaha). Ich war doch eigentlich froh noch ein bisschen liegen bleiben zu können. Gleichzeitig braute in mir dieses nervöse Gefühl das Auto voll zu packen, mein völlig zugeparktes Auto rauszumanövrieren und dieses Schmiedefeld (am Rennsteig) zu finden.. (Ja, es gibt noch ein anderes Schmiedefeld.. Kopfkino.. ;))
Dieses nun völlig abgeriegelte Schmiedefeld wohlgemerkt. Die Läufer mussten sich dafür nicht interessieren, aber es gab nur einen Parkplatz den man ab 8 Uhr anfahren durfte und den galt es zu finden. Dafür musste ich dann auch eine spezielle Route fahren und konnte nicht einfach den NAVI-weg nehmen der mir vorgeschlagen wurde.. Ich nahm also lauter kleine Zwischenstopps (Ilmenau - Manebach - Stützerbach) in meine Route auf und hoffte das dass alles klappte.. Derweil hörte ich im MDR Radio dass ständig irgendwelche Thüringer Kaff-Straßen gesperrt waren wegen Unterspülung und Überschwemmung. Schließlich hatte es die 2 Tage davor heftige Unwetter gegeben und ich kannte diese Orte nicht. Panik kann ich eben gut.
Als ich das Auto nun im Schneckentempo gepackt hatte, wurde meine Hoffnung jemand der anderen Ferienwohnungsmieter hätte mein Auto entparkt enttäuscht. Da war natürlich um 8 Uhr kein Mensch weggefahren. Ich vorne und hinten also völlig dicht beparkt und rechts noch einen Eisenpoller der die Ferienwohnungsparkplätze von anderen abgrenzen sollte da irgendwie rausgeschaukelt.. Gefühlte 20 Minuten vor-zurück-vor-zurück.. und so - ihr kennt das ;)
Alltagsprobleme - aber ich war irgendwie total ängstlich und ich bin nunmal auch niemand der da jetzt Leute aus dem Bett schmeißt nur dass ich da bequem rauskomme.. Ich mach mir eben das Leben gerne schwer :)

Auf zum Parkplatz Bergstraße, dieses ging völlig Problemlos über die Bühne und da war nichts gesperrt, überschwemmt oder sonstiges im Weg. Dann vor Schmiedefeld die erwartete Umleitung durch den allertiefsten Matsch, Waldweg, Kuhweide, Schotter alles war da - vorallem Stau. Ich war schließlich nicht der einzige der da jemanden ins Ziel kommen sehen wollte .. 
Zunächst war ich aber überglücklich diesen Parkplatz gefunden zu haben und stellte das Auto ab.
Ebony (mein Hund) fand die Kuhweide super und wälzte sich im erstbesten Fladen. "Was solls" dachte ich, die hat ja auch Urlaub.
Der Weg zum Zielbereich war wunderschön. Gepflasterte Gässchen mit liebevoll gepflegten Schieferbedeckten Häuschen. Vorbei an einem Bach - in den ich den Hund reinstumpte- zumindest war der Kuhfladen Geschichte ;)



Trotzdem musste ich einen Gedanken daran verschwenden, dass Sebi zu diesem Steil am Berghang gelegenen Parkplatz gelangen musste. Ich verdrängte den Gedanken erstmal, dauerte noch ein paar Stunden und ich konnte es nicht ändern, denn die Straßen in Schmiedefeld wurden für die Routen der Marathonläufer gesperrt und die liefen irgendwie genau dort, wo ich gedachte den Sebi später einzuladen. Nix wars. 

Ich dachte halt immer an die Läufer - bzw. war es doch ein Unterschied nach dem Halbmarathon da hoch zu stapfen als nach 73,5 km.. 
Ich bin dann denn einen Berg abgestiegen den nächsten wieder hoch zum Zielbereich wo die Halbmarathon-Läufer schon einliefen. Ich war erst mal dermaßen geplättet als ich diese Menschenmassen sah dass ich geradewegs durchlief und kam dann am Kurhaus unten im Park an. Da waren nur wenige Leute. Ich wollte den Hund an Mengen gewöhnen aber ich wollte auch nicht dass sie zertrampelt wird und mir war es auch zu voll. Das machte aber nichts denn es war außen rum viel Platz, also wenn man wollte konnte man sich verkrümeln. 



Am Kurhaus war ein kleiner See angebunden. Bänke scharten sich drumherum. Da setzte ich mich erst mal auf die Restaurant-Terrasse und verpflegte uns mit Kaffee und Wasser.
Ich schaute auf die Uhr, die Post-LKW's waren da und luden allmählich auch die Marathon und Supermarathon Startbeutel aus. Die Wiese, die zuvor nur gelb war vor lauter Halbmarathonbeutel hatte sich schon ordentlich geleert.
Wir hatten nun noch ein paar Stunden Zeit und so führten wir unsere "Gassirunde" weiter. Wir begegneten der Polizei auf MTB's und noch anderen Menschen die Ihre Hunde vor dem Massenauflauf retten wollten ;)
Ich war echt überrascht wie viele Menschen da waren, obwohl ich es mir ja hätte denken können, bei der Zahl an Teilnehmern, aber ich rechne nicht gerne im Urlaub .. 
Gegen 12:30 hatten die Halbmarathon-Läufer sich aber schon so langsam entfernt und es wurde etwas luftiger. Von Buden und Ständen hatte ich trotzdem nicht viel zu Gesicht bekommen, da einfach trotzdem noch viel los war. 



Man merkte im Zielbereich wurde nun Platz für die Marathonis und die Ultraläufer.
Ein Freund schrieb mir inzwischen dass Sebi bei 64 km sei. So machte ich mich dann auf den Weg zum Ziel um den ankommenden Finishern noch ordentlich Applaus zukommen zu lassen.
Ein Schockmoment war für mich als Sebi mich auf einmal angerufen hat, da bekam ich es mit der Angst zu tun, denn zuvor hatten wir ausgemacht dass er dies nur tat wenn etwas passiert sei. Ich nahm den Hörer ab und Sebi wollte mir aber "nur" mitteilen dass er nun bei 68 km sei. Er klang fix und alle, fertig mit der Welt. Trotzdem war mir kurz schlecht und mein Herz begann nur langsam von der Hosentasche wieder Richtung Brustkorb zu wandern.
Es waren "nur" noch 5 km, und ich wusste dass würden die schlimmsten seines Lebens sein (im Moment) Ich drückte dann alle Hände, Pfoten, Daumen usw. 
Die Stimmung am Ziel war toll und meine Sentimentale Seite drohte über mich herein zu brechen. Ich wollte auch Zieleinlauf und Finisher sein. Auch "Geschafft sein", auch Medaille, aber vorallem dieses Gefühl dass nach jedem Lauf über einen herfällt..
Da stand ich nun am Ziel und wartete auf Sebis (diesmal) orangenes Kopftuch und seine (ebenfalls) orangene Müllmannhose ;). Als ich sie endlich erblickte musste ich dann doch vor lauter Freude ein Tränchen verdrücken - so stolz war ich auf Ihn! Schmerzen im Fuß und überall. Geschwollene Hände und bleierne Müdigkeit.



Jemand der nicht läuft oder nie über seine Grenzen hinaus gegangen ist kann dies wohl nicht verstehen. Aber so schlimm ein Lauf auch sein mag. Wenn man eine solche Tortur hinter sich bringt und ich habe so viele Kämpfer ankommen sehen, mit Tränen, blutende Knie, mit Kopfverband oder sonst wie lädiert. In jedem von Ihnen wurde ein kleiner Superman geboren der Kryptonit zum Frühstück isst.
Ich will auch so einer sein - ich brauch zwar noch ein bisschen, bis meine Füße gehorchen, aber so ein Leben geht auch noch ein paar Tage ;) Jedenfalls die Zeit, die ich brauch' um bereit zu sein für die Challenge. Sebi hat seine Challenge gewonnen und das ganze mühsame Training hat sich gelohnt.

Als wir zum Auto schlurften musste auch Sebi dies tun denn die Ausfahrt vom Parkplatz war tatsächlich nach hinten geschoben worden und vorne (nach Schmiedefeld rein) gesperrt worden. Das hätte ich Ihm gerne erspart doch die Strecke der Marathonis lief da unten vorbei also durfte da kein Auto mehr runter (reimte ich mir dann zusammen). Also humpelte er die Bergstraße hoch und wir fuhren Richtung (richtiger) Urlaub.

Zum Schluss möchte ich sagen, dass es ein wirklich toll organisiertes Event war und da ich schon so manches als Zuschauer miterlebt habe kann ich sagen dass diese dort auch berücksichtigt wurden. Es war zwar eng aber immer durch Wald und Flur genug Ausweichmöglichkeit vorhanden. Es waren soviele unzählige Helfer die sichtlich Spaß an Ihren Aufgaben hatten.

Was ich nicht unkommentiert lassen will und ich ja auch gerne überall Senf zugebe ist die unterschwellige Kritikäußerung auf Twitter bzgl. der Vor-Finisher in Oberhof, die bei 55km Ihre eigene Grenze erreicht haben und sich eingestehen dass es genug ist und des GUT ist. (Eine offizielle Ausstiegsmöglichkeit vom Veranstalter mit Busfahrtmöglichkeit vorgesehen). Ein Finisher mit Medaille ist man nach 55 km auf jedenfall verdient, denn auch diese müssen gelaufen werden.



Soviel von mir - ich werd' dann jetzt laufen gehen. Ansporn und Mut von den Rennsteiglern aller Distanzen konnte man am wahrlich schönsten Ziel der Welt genug erhalten.

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