Mittwoch, 1. März 2017

In Deutschland gilt: Mehr OPEL, weniger Pflege!

Hektisches Treiben und ein harter Ton sind längst trauriger Alltag im Krankenhaus geworden. Man ist frustriert. Frustriert darüber dass 3 Jahre lang geackert, gelernt und außergewöhnliches geleistet wurde. Etwas dass man nun nicht ausüben kann.

Eine Pflegeausbildung bedeutet weder Rechnungswesen noch Mathematik - dafür Anatomie und Physiologie, oder auch Krankheitslehre. Unentwegte Beschäftigung mit der Physis und der Psyche des Menschen. Es wird dir beigebracht was Professionalität bedeutet - wie eine Pflegekraft auf andere wirken kann/soll. 3 Ausbildungsjahre lang feilt man an der eigenen Organisation um Pflegeabläufe menschengerecht zu planen oder um bei Veränderungen adäquat flexibel und gar kreativ reagieren zu können.



Ich lernte was Validation bedeutet - um dementen Menschen auf Ihrer Ebene im Leben zu begegnen und deren Sorgen zu lindern oder positiv zu lenken. Seminare für Sterbebegleitung, Wickel und Auflagen und gar für Rehabilitationsmaßnahmen. Die Selbsterfahrung und den eigenen Erlebnissen mit den Themen stand dabei im Vordergrund und die einzelnen Tage wurden mit viel Emotion und Abwechslung gestaltet.

Die gesamte Lehrzeit schwebt man nun auf dieser Ausbildungswolke und wird auf die wunderschöne, wichtige Pflege vorbereitet. Dazu gehören auch spezielle Dinge wie Assistenz bei Punktionen und anderen Untersuchungen oder die einzelnen Medikamentengaben in allen Darreichungsformen. Kardiopulmonale oder chirurgische Notfälle - spannende fast fernsehreife Geschichten von Notfallmedizinern und Chirurgen lassen die Augen der Azubis strahlen.
Danach sieht man hinweg über Lernaufgaben und das Führen der Praxismappe - schließlich ist nicht alles Gold was glänzt und Schule bleibt Schule.
Neben Betriebsausflügen und Gruppenarbeiten muss man liefern. Schriftliche und praktische Prüfungen müssen abgelegt werden - möglichst gut. Da komme ich ins Spiel.

Nicht alles goldet und glänzt.


Da ich in der Praktischen Ausbildung tätig bin und im Umgang mit den Schülern und auch in der Zusammenarbeit mit den Lehrkräften mein bestes gebe -nun ja - das beste bezeichnet dass was von mir übrig bleibt, wenn ich meinen regulären Dienst bestritten habe indem natürlich die praktische Ausbildung stattfinden soll.

Da kommt er nun der Pflegeschüler mit all seinen schönen Erfahrungen und Erlebnissen - im Kopf schwirren bunt bemalte Flipcharts und großflächig bebilderte Collagen über sterile Verbandswechsel oder auch rektales messen von Körpertemperatur.

Um 6:15 Uhr ist die Welt auf Station nicht bunt, sie ist nicht aus Papier (außer die Dokumentationsseitenflut) sondern real.

Auf den Fluren hört man Atem, Husten, vielleicht auch ein Wimmern. Die Menschen die viele km weit von A nach B transportiert werden um simples Antiobiotika oder auch Infusionslösung zu erhalten, sie verstehen die Welt nicht mehr und schauen hilflos drein als ein Azubi sich auf den Weg macht dessen Vitalparameter zu ermitteln. Der Haupteinweisungsgrund wie wir immer Scherzhaft sagen sind Allgemeinzustandsverschlechterung, Harnwegsinfekt, Exsikkose - die Krankenhaus-Trias.



Dabei trifft man nicht selten auf über 85 jährige multimorbide Patienten deren Leid durch den Eingang in die Klinik und den Umgebungswechsel gerade enorm zunimmt.
Es scheint sich also um akute dringende medizinische Versorgung zu handeln womit ein massiver Pflegeaufwand einhergeht. Diesem älteren Geschöpf nun häufig mit Patientenverfügung gilt es nun alle erdenklich messbaren Werte aus dem Leib zu pressen.
Der Pflegefall, wie man salopp zu sagen pflegt hat Abläufe um sich die er nicht kennt, ein fremdes Zimmer und diese Weißkittel die Ihm ebenso unbekannt sind. Die Ihn stechen, drehen, waschen, mit Ihm sprechen und die Türe schließen.
Ein respektvoller Umgang in der kurzen Zeit an dem wir direkt an den Menschen sein können ist unabdinglich. Rahmenbedingungen denen wir - die Pflege und auch die Ärzte ausgesetzt sind - streichen uns täglich mehr Zeit. Die kostbare Zeit, in der ein Azubi nun anfängt zu begreifen was er gelernt hat. Nämlich Standards und Sollpläne, Wunschträume oder auch Kinästethische Märchen. Er hat gelernt wie wir uns alle die Pflege vorstellen, wie Sie doch sein müsste, doch Sie ist zerbrochen.


Pflegekräfte mit nur 2 Händen!



Ein Krankenpflegeazubi sieht gehetzte Pflegekräfte, die 2 Hände besitzen, versuchen zu erklären, versuchen zu pflegen, versuchen zu rechtfertigen was aus Ihnen geworden war - was aus Ihnen gemacht wurde. Gezwungen gegen Ihre Natur Gespräche die gebraucht werden zu kürzen um dem unorganisierten Chaos das Ärzte und Funktionsabteilungen blauäugig schaffen, gerecht zu werden. Es prallt die eine Wirklichkeit auf teilweise 17 jährige Junge Menschen, die gerade blumige Waschzusätze kennengelernt haben und über Aromaöle und Wischrichtungen bei der Körperpflege aufgeklärt wurden.



Es macht mich so traurig diese enttäuschten Gesichter zu sehen, die wie ich ein Opfer dieser horrenden Zustände geworden sind. Das Wort "Gesundheitspolitik" - geschwollen ohne Ende.
Die Patienten - auch Mitglieder unserer Gesellschaft - werden abgefertigt so wie Kontaktlinsen auf dem Band. Pflege wird auf das Notwendigste beschränkt. Es muss reichen die Schützlinge in sauberen Betten zu wissen und dafür gesorgt zu haben, sie mit einem befeuchteten Mund zurückgelassen zu haben (in den wir gerade alle Medikamente mit Brei und Tee zur Resorption befördert haben). Irgendwann ist schließlich der Dienst zu Ende und man sollte mit der Arbeit fertig sein...  -sollte..



Es ist die Wahrheit und ich kann an dieser nur wenig ändern. Viele Mitarbeiter die in der Verwaltungsebene arbeiten und diese Probleme nicht mitbekommen gehen tagtäglich mit Stiefel und Bleistiftrock durch die Flure. Groteske Vorstellungen vom Zwiespalt der in einem - dem gemeinsamen, selben Betrieb herrschen.

Was ich ändern kann ist mein Umgangston. Stress und Angst sorgen oft für schroffe oder gar ärgerliche Kommentare oder Äußerungen. Ich fass mir an die eigene Nase und lasse die Launen nicht mit mir durchgehen. Wenn ich Zeit habe, dem Gegenüber (wer es auch ist) 3 Worte zu sagen, dann müssen diese freundlich sein. Ich stelle dauernd fest dass es wirkt. Dankbarkeit von Patienten und Angehörigen kam mir schon oft entgegen. Natürlich sind viele geplagt von Angst, Verzweiflung und einem schlechten Gewissen. Dann will ich der Prellbock sein. Denn ich bin nun mal da, aber ich bin nicht der Verursacher der Probleme.

Ich weiß nicht ob es dem Schüler hilft wenn ich mich entschuldigend für Katastrophendienste und nicht erfüllte Anleitungen ausspreche, wahrscheinlich besänftigt es eher meine Seele. Ich war aber freundlich und hoffe so ein gutes miteinander zu schaffen.

Ich bewundere diese jungen Leute die sich trotz der Praxiseinsätze weiter für die Ausbildung zur Gesundheits-und Krankenpflegekraft entscheiden. Ein unendlich wichtiger Beruf den ich nach wie vor liebe und ihn meistere und bleibe - dass sagte ich bereits.
Dennoch muss ich sagen dass ich in meinem nächsten Leben wohl etwas anderes machen würde. Vielleicht würde ich dahin gehen, wo diese Unorganisation hervorkriecht und Sie ausrotten um die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte zu verbessern.



Nun sind wieder 8 Tage Pflegemartyrium vorbei gegangen und ich sah meine leidenden Kollegen die allmählich von psychischer Belastung und seelischer Zerrissenheit Angst vor Ihrem Arbeitstag haben. Körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Magen-Darm-Probleme und auch der berühmte Rücken nehmen zu.
Der schöne Pflegeberuf voll von Lagerungskissen und einem enormen Wissensstand - niedergetrampelt vom Kapitalistischen Getue der Firmenköpfe. Wo Schwangere ausgenutzt anstatt geschützt werden; Wo Patienten gesammelt, gestapelt und zu Akten gekürt werden. Indem Punkte sammeln für die Krankenkassen ein Machtspiel für Pflegestellen geworden sind. Wo Pflegekräfte ohne Feuer lichterloh brennen.

Ich genieße nun meine freie Woche, die ich mir durch freiwillige Teilzeitbeschäftigung verschafft habe. Ich widme mich meinem Ventil. Meine Familie, mein Hund, mein Sport. Ich tanke Energie in meinem neuen Trainingsplan, den ich mir selbst verpasst habe und von dem ich wahrscheinlich Abweiche und Ihn meiner Form und meinem Gemüt anpasse. So fahre ich gut und kann in 5 Wochen meinen nächsten Wettkampf laufen. Die Anmeldung folgt wie immer kurz vorher, spontan - nachdem ich in mich hinein gehört habe und Kopf und Fuß bereit sind.





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