Dienstag, 4. April 2017

Main Zuhause

Schon immer wohne ich an diesem Fleck.


Oft habe ich mir vorgestellt wie es wäre wenn ich anderswo wohnen würde. Einfach weg ziehen, einfach umziehen, packen, einziehen. Diesen Gedanken habe ich oft mit mir rumgetragen - weiter bin ich nicht gekommen.
Vor 13 Jahren als ich meine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin begonnen hatte - so ohne Führerschein, blieb mir nichts anderes übrig als ins "Schülerwohnheim" am Krankenhaus zu ziehen, dort war die Berufsfachschule und mein Ausbildungsbetrieb, ich hatte alles innerhalb von 300m. Es war schlimm. Ich musste mich auf 1 Zimmer beschränken, was mir echt schwer gefallen ist, da ich Zuhause überall so meine Lagerungsecken habe, da es vorübergehend geplant war hatte ich dann doch nicht alle meine Sachen mitgenommen. Es war laut und kalt und manchmal auch etwas langweilig. Ich hatte direkt gegenüber zwar die beste Kollegin die man sich wünschen konnte für diese 3 Jahre - trotzdem, war es nicht mein Zuhause und ich bin jedes Wochenende und so oft es ging nach den Diensten oder meinen freien Tagen heim.
Was ich hier von mir gebe ist wohl jammern auf höchstem Niveau denn mein Zuhause war 7 Auto Minuten vom Krankenhaus entfernt und andere Menschen die ich nun kennengelernt habe würden mich auslachen, tun es vielleicht auch.


Der Klotz ganz links war mein Wohnheim, gleichzeitig Schule und rechts das Krankenhaus


Ich kann mir einfach nicht vorstellen wo anders zu wohnen, mein Zimmer, mein Stockwerk hier im Haus meiner Eltern, unser Garten, meine beste Freundin 2 Häuser weiter, alle Verwandten im gleichen Ort. Ich weiß gar nicht warum ich so fühle aber ich fühle mich nirgends so sehr Zuhause wie hier - und ich werde auch nirgends hin gehn. Ich kann blind durch den kleinen Ort gehen und würde überall ankommen. Ich hab den Wald um die Ecke und den Main die Straße runter.
Mein Bruder, schon fast ein Nomade wohnt schon lange nicht mehr hier, reiste durch die Welt und in Deutschland umher, wechselnde Wohnungen, wechselnde Nachbarn, wechselndes Zuhause. Nichts für mich. Selbst wenn meine Nachbarn dies lesen würden kann ich beruhigt sagen, dass ich gerne hier bin. Nicht jeder kann aus seiner Haut aber ich bin froh mit den Leuten die ich seit 30 Jahren hier um mich habe. Die mich kennen - oder auch nicht mehr. An die ich gewöhnt bin und Sie akzeptiere.



Letzten Sonntag wäre mein 25 km Wettkampf in Seligenstadt gewesen und 2 Wochen zuvor, nach meinem letzten 20 km Lauf merkte ich ganz ekelhaft wieder meine Plantarsehen guten Tag sagen. Ich beschloss sofort eine Laufpause zu machen, da ich zuvor mal den Schmerz ignorierte - Nicht gut. Jetzt fängt die 3. Woche ohne Laufen an und es ist sehr mühsam, traurig und ich bin echt geknickt dass es schon wieder ein kleiner Rückschlag war. Ich habe vermehrt Stabilisationstraining gemacht und bin Rad gefahren, zahlreiche Stundenlange Wanderungen mit meinem Hund erledigt und kann jetzt sagen, dass es gut war. Ich denke Ende nächster Woche werde ich mal wieder ein Probeläufchen machen (Ostern).
Wenn man den Ultraläufer vor der Nase hat ist es schwer für mich ruhig zu bleiben, ich erhöhe mein Training und versuche irgendwie da mitzumachen (hahahaha).. Ich kann nicht mithalten, das weiß ich aber dieses Verletzungsfreie Megaman-Training meines Mannes würde ich aber so gern mit machen. Nicht das Tempo aber die Distanzen. Ich schaute also wieder gespannt zu wie er sein Rennsteig-Training durchläuft und ich bin so stolz wie er das macht. Furchtlos, Stark, Diszipliniert, so voller Leidenschaft.
Letzten Sonntag also lief er 40km durch den Spessart und ich konnte nicht anders als auf mein MTB zu steigen und los zufahren.



Ich fuhr los als dicke Regentropfen meine noch traurige Stimmung drückten und ich an den Start des Wasserlaufs in Seligenstadt denken musste, den ich aus Vernunft nicht angetreten war. Ich entschied mich für die andere Richtung und fuhr Richtung Miltenberg. Ich wurde richtig nass und ließ mir noch offen wie weit ich fahren würde. Ohne Musik und nur mit mir selber war ich recht einsam auf meinem Rad und dachte an Zuhause - was mich zu diesem Blog führte. Ich kam an so vielen Ortschaften vorbei mit denen ich mich verbunden fühlte. Am Main entlang nach Miltenberg dachte ich darüber nach wie gern ich hier eigentlich bin und wenn man da so vor sich hin fährt wird man ja ganz sentimental. ;)


Wenn man Tag ein Tag aus "wohnt" vergisst man manchmal wie schön es um einen herum ist. 




Die Clingenburg über der hübschen Klingenberger Altstadt mit seinen Weinbergen, den ganzen Weg entlang zwischen Erlenbach und Großheubach. Das Kloster das direkt auf dem Engelberg sitzt, wo ich mit dem Musikverein früher unterwegs war. Ich liebte nicht die Kirche aber doch irgendwie die Musik zu Wallfahrten. Den Musikverein habe ich nun schon lange hinter mir gelassen, da es nicht mehr in mein Leben passte und zu zeitintensiv wurde. Ich sage immer ich bin doch der gleiche Mensch, aber wenn man die Zeit seines vergangenen Lebens durchgeht... - doch nicht. Mein Sport ist längst zeitintensiver geworden als ich je in meine Klarinette gesteckt hatte. Trotzdem hole ich Sie jedes Jahr an Weihnachten raus und spiele.





In Kleinheubach steht ein Schloss und in Miltenberg prangt die Mildenburg, ein Kirchturm nach dem anderen ragt in den Himmel. Vertraute Bilder die ich sehe, während ich mit durchschnittlich 20km/h durch die Gegend fahre. Ich denke für mich war es schnell genug - ich bin zufrieden :)
Das "Schülerwohnheim" und das Krankenhaus in Erlenbach sehe ich aus weiter Ferne am Waldrand bis ich durch die stinkenden Glanzstoffwerke nach Elsenfeld komme. Das Bahnhofsgebiet war überfüllt mit Menschen die Ihr Ziel noch nicht erreicht hatten. Ich auch nicht dachte ich. Inzwischen hatte die Sonne angefangen zu scheinen und ich entschied mich doch noch weiter zu fahren. Die Obernburger Fußgängerbrücke über den Main ließ ich also hinter mir. Unzählige Male bin ich über sie gelaufen. So viele nette Rundwege und Brücken über die man immer neue Laufwege entdeckt. Unglaublich viele Richtungen und neue Entdeckungen hatte ich von hier aus zu Fuß schon gemacht..



In Kleinwallstadt angekommen, fuhr ich rasch vorbei am Altenwohnheim dass, das Arbeitsleben meiner Mutter verschlungen hat und den Grundstein meines Berufswunsches gelegt hat. Zu oft hatte ich Essen gereicht, Rollstühle geschoben und auch Rollstuhlrennen veranstaltet. Ich bin dort oft gewesen, zu oft. Deshalb weiter..
Der Zug hatte mich entlang der Gleise schon eingeholt als ich am Klärwerk vorbei kam. Auf dem Weg zum geliebten Aschaffenburg, musste ich noch schnell durch Sulzbach und Obernau. Nicht so viele Verbindungen zu diesen Punkten aber zu Fuß immer ein willkommenes Ziel.. Die schimpfenden Umgehungsstraßenschilder ließ ich hinter mir. Das ist wohl eines der negativen Seiten dieser Region. Ich hab das Gefühl die Menschen sind so verwöhnt, verwöhnt vom Wohlstand dass Sie immer etwas zu beanstanden haben. Die Umgehungsstraße kann ich noch nachvollziehen wenn  man an dieser Durchfahrtsstraße wohnt. An der A3 Autobahn durch den Spessart kann man aber nun lesen "Nationalpark - Nein, Danke". Ich bin dafür. Ich bin der Meinung alles was jetzt noch grün ist muss es auch bleiben. Viel zu viel fuhrwerkt die Menschheit im Wald herum. Ich bin total erschrocken wie abgerodet unser Wäldchen um die Ecke nun ist.. Schlimm..



Die Turmspitzen des Aschaffenburger Schloss Johannisburg kommen mir entgegen und ich freue mich endlich dort zu sein. Es war eine Lange windige Fahrt von Miltenberg nach Aschaffenburg.
Leider waren die Fotos nicht ganz so schön anzuschauen da es recht trüb war und wolkig. Aber die eigene Heimat ist wohl selbst im tristen grau bunt.
Als ich in Aschaffenburg auf der Willigisbrücke kurz stehen blieb hatte ich schon eine Nachricht von Sebi dass er zuhause war und so fuhr ich nun auch heim. Jetzt war es nicht mehr weit.
Durch Nilkheim durch, wo mich auf dem Sattel nun kein Stau lahm legen konnte immer am Main entlang. Er fließt da einfach vor sich hin..



Über Niedernberg, wo ich früher zur Schule ging war es nur noch ein Katzensprung an unserer blauen Brücke vorbei (3,3 km von zuhause). Von da kenne ich wohl jeden km von Anfang bis Ende..
Zuhause fuhr ich dann noch meine liebste Laufrunde ab um schließlich völlig müde nach 80 km heim zu kommen. Um meinem Ernährungsblog gerecht zu werden, erzähle ich euch noch von meiner Verpflegung während der Fahrt. Obstpüree und ein Balisto ;)..



Ich kenne viele Menschen die oft umgezogen sind und keine Probleme mit neuen Umgebungen haben. Ich fahre weltweit gerne in den Urlaub, von mir aus auch monatelang. Aber Zuhause ist nur hier.

Schon immer - für immer.


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